Häuser und Gebäude – Geschichte

Häuser und Gebäude – Geschichte

Mäuseturm bei Bingen am Rhein

Im weltberühmten Mittelrheintal steht auf einer kleinen Insel in der Nähe der Stadt Bingen ein einzelner Turm, der Mäuseturm. Hier hatten schon die Römer eine kleine Befestigungsanlage gebaut. Als die Stadt Bingen sich im 10. Jahrhundert dem Erzbistum Mainz unterordnen musste, wurde der Turm umgebaut und als Wachturm und Zollstelle eingesetzt. Im 13. Jahrhundert wurde der Turm in das Zollsystem der nahe gelegenen Burgen Klopp und Ehrenfels integriert. Von seiner Funktion leitet sich auch der Name des Turms ab: Das mittelhochdeutsche Wort „musen“ bedeutete „lauern“ oder „wachen“.
Zweimal wurde der Turm zerstört: im Jahr 1632 durch die Schweden und im Jahr 1689 durch die Franzosen. Erst in den Jahren 1856 bis 1858 baute man ihn wieder auf. Der preußische König beauftragte den Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner, das Bauwerk im neugotischen Stil zu errichten und mit Eckwarten und Zinnenkranz auszustatten. Der Neubau des Turms diente seitdem als Grenzposten und als Signalturm für die Schifffahrt. Die gefährlichen Riffe in diesem Abschnitt des Rheins, dem „Binger Loch“, wurden im 19. Jahrhundert gesprengt, um die starken Stromschnellen zu mildern.
Zahlreiche Sagen und Legenden ranken sich um den Mäuseturm. Eine davon erzählt von Bischof Hatto, der im 10. Jahrhundert die Herrschaft über Bingen übernahm und die Bevölkerung schikanierte. Als er während einer Hungersnot einen Aufstand befürchtete, ließ er die Bittsteller verhaften, sperrte sie in eine Scheune und steckte diese in Brand. Der Sage nach wurde er zur Strafe für diese schreckliche Tat von einer Mäuseplage heimgesucht, vor der er auf den Wachturm auf der kleinen Rheininsel floh. Die Mäuse folgten ihm angeblich auf den Turm und sollen ihn dort bei lebendigem Leib aufgefressen haben.
Der Standort des Turms am früheren „Binger Loch“ war für viele Künstler interessant. Schon im 17. Jahrhundert entdeckten holländische Maler das Bauwerk als begehrtes Motiv. Damit ist der Mäuseturm eines der ältesten Rheinmotive in der Landschaftsmalerei. Die grausame Sage um Bischof Hatto wurde durch Schriftsteller wie Clemens Brentano, Victor Hugo oder Ferdinand Freiligrath auch Teil der europäischen Literatur.
 
Zurück
Wir verwenden nur Cookies, die für den Betrieb der Webseite technisch notwendig sind.   Mehr Infos